Albrecht Roser im Gespräch
Albrecht Roser ist kein Mann vieler Worte. Was er zu sagen hat, hängt er nicht an die große Glocke sondern an feinste, fast unsichtbare Fäden. Diese Fäden gilt es aufzugreifen, ihnen von den Händen am Spielkreuz ausgehend zu folgen bis hinunter zu seinen Marionetten, die in aller Regel auf der Bühne genau so schweigsam sind wie ihr Meister. Denn dort, in seinen Marionetten und Figuren, in seinem Verständnis der Puppen und des Spiels mit ihnen, findet sich der eigentliche Kern des Künstlers wie des Menschen.
Das folgende Interview ist die verkürzte und bearbeitete schriftliche Fassung mehrerer Gespräche, die die Stuttgarter Journalistin
Evelyn Lattewitz zwischen 1990 und heute unter anderem für den Süddeutschen Rundfunk mit
Albrecht Roser geführt hat.
Hier ist die Spur, hier ist der rote Faden...
E. L.: 1922 kommt Albrecht Roser, Spross einer alemannischen Familie, in Friedrichshafen am Bodensee zur Welt. Schon bald übersiedelt die Familie nach Stuttgart. Die behütete Kindheit und eine glückliche Schulzeit finden mit dem Notabitur ein jähes Ende. Als junger Soldat macht er den Rußlandfeldzug mit, gerät bei Kriegsende für kurze Zeit in britische Gefangenschaft und wird schließlich nach Celle entlassen. Nach manchen Wirren der Nachkriegszeit kommt Albrecht Roser Ende der vierziger Jahre nach Stuttgart zurück. Noch ohne feste Zukunftspläne oder -Perspektiven hieß es zunächst, wieder Fuß zu fassen, und das bedeutete konkret, nach Quellen für den Lebensunterhalt Ausschau zu halten. Und eine dieser Quellen erwies sich schon bald als durchaus vielversprechend: das kunstgewerbliche Schnitzen von Alltagsgegenständen. Und so nahm das Schicksal Anfang der fünfziger Jahre schließlich seinen Lauf...
A. R.: Ja, dann gab's vielerlei Tätigkeiten, vielerlei Ansätze und es gab eines Tages den Auftrag, Köpfe für Kasperfiguren zu machen. Holzschnitzen war mir vertraut und so habe ich mich der Aufgabe mit großer Freude, großer Wucht gewidmet und gemerkt, daß mich das unglaublich interessiert und bewegt. Ich stürzte mich mit Vehemenz darauf und hatte unbeschreibliche Freude daran, merkte einfach, das ist es, hier ist die Spur, hier ist der rote Faden. Dann stieß ich auf Fritz-Herbert Bross. Er war eine ganz eigenartige, starke Person. Er stammte aus dem Erzgebirge aus einer Holzbildhauerfamilie. Von seinen Eltern zunächst gezwungen, einen Brotberuf zu erlernen, wurde er Diplom-Ingenieur, war auch als wohlbestallter Autoingenieur geraume Zeit bei Porsche angestellt und im Krieg im Oberkommando des Heeres in Forschungsbereichen tätig. Aber er hatte das Holzschnitzen mit in die Wiege gelegt bekommen und hatte neben seiner Technik auch noch Kunstgeschichte studiert. Nach dem Krieg beschloß er, diese berufliche Vergangenheit an den Nagel zu hängen und nur noch Theaterfiguren zu machen, zunächst Handpuppen, später dann Marionetten. Ich ging zu ihm, stand schon hinter ihm in der Wohnung, als er die Tür erst einen Spalt weit aufgemacht hatte und verkündete ihm, daß ich beim ihm lernen will. Er hat zunächst etwas abgebremst und sagte "Moment, Moment, Moment"..., aber da kam ich schon mit meinen Figuren an. Wir waren uns sehr schnell einig und haben uns vorzüglich verstanden. Es war eine fruchtbare Zusammenarbeit, ich habe von ihm unendlich viel gelernt, habe alles wie ein Schwamm aufgesogen, was er während unsere gemeinsamen Stunden am Schnitzbock erzählte und vieles erst viel später begriffen.
E. L.: Wann begann diese Lehrzeit?
A. R.: Das war 1951.
A. R.:. Ich bin voll auf die Technik eingestiegen, die Bross entwickelt hat. Er hat eine Strich unter die vielen vorhandenen Systeme gemacht und den Nenner daraus gezogen. Ich habe immer von der Marionette verlangt, daß sie in ihrer Bewegung nichts Puppenhaftes, Ungeschicktes, Unvollkommenes hat, also etwas, was dem primitiven Begriff Puppe zukommt. Auch für mich muß eine Marionette sich so vollendet bewegen wie möglich, sie muß technisch einwandfrei sein. Das ist eines der tragenden Elemente meiner ganzen Arbeit.
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