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Jubiläumsreden am Gala-Abend im Staatstheater,
Schauspielhaus 10. November 2001

Friedrich Schirmer
Intendant, Staatstheater Stuttgart

Der Jubilar oder besser gesagt die Jubilare, weil da ist ja erst mal Gustaf. Dann ist da Professor Roser und da ist dann Albrecht und dann ist Gustaf-Albrecht, Albrecht-Gustaf, ich stehe verwirrt und erschüttert vor der Aufspaltung dieser vielen Persönlichkeiten, steh also vor den Abgründen der schwäbisch-theatralischen Dialektik und verneige mich vor den multiplen Persönlichkeiten des Jubilars, der Jubilare.
Wer auch immer, wie viele auch immer, vom Ensemble mal ganz abgesehen, man hat mich gebeten, mich heute Abend kurz zu fassen. Für diejenigen von Ihnen, die mich zufälligerweise nicht kennen sollten, was ich mir gar nicht vorstellen kann, mein Name ist Friedrich Schirmer, ich bin, habe die große Ehre hier heute Abend Ihr Gastgeber auch etwas sein zu dürfen.

Als ich bin gebeten worden mich kurz zu fassen. Ich will mein Bestes tun. Und wie das Schöne ist, bei so Anlässen, wenn man jemand zu ehren hat, hat man die große Freude auch etwas über sich selber zu erzählen. So sei es auch in diesem Fall mir gestattet. Mein theatralisches Leben läßt sich ganz grob in zwei Teile teilen: der eine Teil, der unwesentliche ist die Zeit vor Gustaf, damit will ich nicht sagen, daß der zweite wesentlicher ist, aber für mich ist er bedeutender, ist die Zeit mit Gustaf.
Ich muß doch jetzt ein bißchen weiter ausholen:

Gustaf und ich.
Wir haben ungefähr, also während meine Mutter sich auf meine Geburt vorbereitete, spann Albrecht Roser die letzten Fäden sozusagen und wir hatten so ziemlich zeitgleich unseren ersten öffentlichen Auftritt. Ich war bei dem von Gustaf nicht dabei, er wußte auch nichts von mir, der glückliche Junge, aber ich glaube seiner war viel schöner als meiner. Seiner fand nämlich in Stuttgart statt. Vor Ihnen wahrscheinlich, Teilen von Ihnen, wie auch immer. Ich, als kleiner Protestant kam in einem rheinischen Krankenhaus zur Welt, geführt von katholischen Ordensschwestern. Sie können sich ja vorstellen, was da mit dem kleinen Schirmer passierte, der wurde wahrscheinlich hinter dem Rücken meiner armen Eltern, als Heidenkind zwangsgetauft. Und dieser Widerspruch der rheinisch/katholischen/evangelischen Seele - das tröstet mich manchmal, wenn ich an den Widersprüchen meines theatralischen Herzens zu scheitern drohe - aber ich schweife ab.

Im Gegensatz zu Gustaf, der hervorragend theatralische Lehrer hatte, hat mich z.B. das Kasperletheater im Kindergarten, als Kindertheater einfach abgestoßen. Dieses orgiastische Brüllen mit diesen stupiden Antworten von: "Ja, ja, nein, nein und Vorsicht!" hat mich als sensiblen Zuschauer eher verschreckt.
Ich bin aufgewachsen, geprägt theatralisch durch den Westdeutschen Rundfunk, Abteilung Fernsehen, durch das Volkstheater vom Millowitsch, die Live-Übertragungen und das Hänneschen Theater und ich empfand in den 50er Jahren die Mumin-Familie als Quantensprung. Kater Mikesch "Eine Insel mit zwei Bergen"... wunderbar, wunderbar, der Laden von Frau Was, aber schon bei Urmel auf dem Eis habe ich mich dann langsam abgewendet und mich dem Menschentheater zugewendet, ich wollte zum Theater. Auch wenn ich gestehen muß, daß ich als junger Dramaturg in Castrop-Rauxel heimlich morgens um neun "die Sesam Straße" geguckt habe. Noch nicht wissend das der Schöpfer von Ernie und Bert, der von uns allen mittlerweile doch verehrte Jim Henson war. Die Lieblingsfigur die zwei alten Herren aus der Muppet-Show begegnen mir komischerweise in Stuttgart bei jeder Premiere. Sitzen dahinten irgendwo, der eine hat so ne dicke Brille, sie schütteln immer den Kopf und sagen: "Ist alles ganz grauenhaft heute Abend", aber ich kann sagen heute Abend wird's wunderbar, ich bin auch gleich fertig, sagen wir so in einer halben Stunde.
Auf dem Menschentheater haben wir natürlich immer gesagt, klar Figurentheater, Marionetten, alles ganz wichtig, muß immer herhalten für das, was auf dem Theater sonst nicht darstellbar ist. Also für die ganz Kleinen, die Zwerge oder Ungeheuer, Drachen, Riesen, Popanze, Bread and Puppet Theatre, große Leinwände, Stangen. Der Kapitalismus war dadurch blendend dazustellen, aber erst in Stuttgart habe ich dann sehen gelernt. Und Gustaf und Prof. Roser haben mir die Augen geöffnet. Ich habe dank ihrer Hilfe und Dank ihrer freundschaftlichen Wegweisung plötzlich einen anderen theatralischen Kosmos betreten dürfen, eine andere Galaxie. Mir sind Schatzkammern geöffnet worden, voll theatralischer Glückseligkeit, die ich vorher in meinem Leben noch nie betreten hatte. Und staunend, wie Ali Baba in der Schatzkammer ohne Räuber habe ich mich da bewegt, ich wurde von den beiden ins Fits geführt, ich habe den Lehrgang Figurentheater an der Musikhochschule kennengelernt mit unzähligen Abschlußarbeiten, ich habe den Meisterschüler Frank Soehnle mit seinem Tübinger Figurentheater in Reutlingen, auch ein schwäbisches Paradox sozusagen, kennengelernt, unzählige Gruppen, Ziehsöhne, legitime, illegitime, Nachfahren, Abkommen, das Materialtheater Wilde und Vogel, aber ich will sie alle gar nicht nennen.
Ich habe hier in Stuttgart erst richtig gucken gelernt, aus einem Einäugigen ist ein Zweiäugiger geworden und manchmal sogar ein drittes Auge hier oben. Denn auf dem Menschentheater, das ist das großartige, da erfahren wir, und alles ist Menschentheater in seinen Glücksstunden, den theatralischen Sternstunden erfahren wir auf dieser Bühne, erfahren wir leibhaftig die menschliche Seele. Die menschliche Seele ist darstellbar. Und durch Gustaf und Albrecht Roser habe ich aber gelernt… oh ich muß noch einen kleinen Sprung machen:

Nach diesem Theater ist natürlich ein Stuhl ein Stuhl und wir wissen alle, das ein Stuhl alles sein kann auf dem Theater: Ein Königreich, ein Kindergarten, eine Insel, ein Schiff - alles, es kann auch ein Stuhl sein, grün, wie diese drei Stühle, aber daß er auch eine Seele haben kann, das habe ich erst in Stuttgart durch die beiden gelernt. Daß im Marionettentheater, Puppentheater, Materialtheater, Figurentheater, Theater der Dinge, nennen Sie es wie Sie wollen, das Ding plötzlich eine Seele hat und mich berührt. Das ist für mich eine ganz große Erkenntnis gewesen, Erfahrung. Ich habe mich in dieser Schatzkammern bewegt, geschnüffelt, geguckt, gesucht, gefunden und immer mit ganz großem Respekt und Zuneigung und das in diesem Mikro-Makrokosmos aber auch in diesem Paradies im Kleinen/Großen, aber auch die Hölle zuhause ist, das habe ich auch erfahren, Plätze der theatralischen Verzweiflung, der Angst, der Not, des theatralischen Unglücks, all das, was wir Theaterleute Ihnen doch so gern ersparen würden, aber das leider nicht zu umgehen ist, wenn es Sternstunden geben soll. Und dafür, daß Sie mich sehend gemacht haben, lieber Prof. Roser möchte ich ihnen von Herzen danken. Und sie gestatten mir, einen Moment
.
(erweist Roser die Ehre)

So, und eigentlich bin ich schon fertig, denn ich will Ihr Zuschauerglück ganz egoistisch nicht länger schmälern, aber bevor wir den beiden diese wunderbare Bühne überlassen können und bevor ich sagen darf "Gustaf es ist angerichtet" spricht noch Dr. Georg Lechner, Goethe-Instituts-Leiter in allen großen Instituten der Welt, ich darf sie alle gar nicht aufzählen, weil er will auch seine Zeit haben zu reden..
Er hat Gustaf und sein Ensemble durch die ganze Welt geschickt und ich denke es hat neben dem Stuttgarter Ballett kein schöneres, wunderbares Ensemble geben können als Botschafter dieser Stadt in der ganzen Welt, auch wenn diese Stadt das manchmal nicht verdient hat.

Neben ihm sitzt Prof. Bart Roccoberton, er hat gesagt, sie erkennen mich ganz einfach an meinem Bart, sein Kalauer, er wird auch über die Zeit mit Prof. Roser sprechen. Er hat etwas Wunderschönes gesagt, er hat gesagt: "Prof. Roser und ich, wir haben die Welt klein gemacht und wir haben die unglaublichsten Plätze in die sagenhaftesten Orte verwandelt."
Herr Dr. Lechner, darf ich bitten...





Dr. Georg Lechner
Goethe-Institut

Liebe Gäste dieses Gala-Abends,
lieber Herr Schirmer,
vor allem aber lieber Albrecht, liebe Ingrid!

Ich habe mir, was ich zu sagen habe doch aufgeschrieben, was ich sonst auch nie tue, weil ich Zeit sparen will und Ihnen doch sagen wollte, was ich sagen will und das gerät bei Zeitdruck manchmal in Not. Entschuldigen Sie also diese Form, die auch nicht meine gewöhnliche ist. Dem Intendanten dieses Hauses Friedrich Schirmer, ist dafür zu danken, daß er seinen schon immer zum Staunen bereiten Publikum, wie Sie es sind, das Geschenk dieses Gala-Abends bereitet hat. Vielleicht dachte er dabei auch einen Moment, ich würde es ihm zutrauen, an die Worte seines Amtskollegen im Faust, der vom Publikum im Vorspiel auf dem Theater, wie Sie wissen zu sagen wußte:

"Sie sitzen schon mit hohen Augenbrauen
gelassen da und möchten gern erstaunen."

Ich hoffe, Sie tun das auch.

Auf der Suche nach Gründen, meine Damen und Herren, die meine Präsenz auf dieser Rednerliste rechtfertigen könnten, wurde ich nach dem obligaten Hinweis, den ich Ihnen schulde, auf das eher anderer geeigneter Laudatoren, am Ende doch dreifach fündig:
Einmal verbindet mich immerhin seit 1964 eine bis heute andauernde wunderbare Freundschaft mit Albrecht Roser und mit Ingrid Höfer, sowie bis zu ihrem frühen Tod mit Ina von Vacano. In einem in schöner gotischer Schrift, von der Oma verfaßtem Brief, anläßlich meines Abschieds vom Goethe-Institut, bestätigte mir Albrecht im Juli 1999 noch einmal auf die schönste Weise, dieses jahrzehntewährende von Achtung und Zuneigung geprägte persönliche Verhältnis, indem er unter anderen daran erinnert, daß "der Meister aus Deutschland", wie ich ihn in einem Essay, im vollen Bewußtsein um die Ambivalenz diese Titels nach Paul Celan genannt hatte."...1964 zum ersten Mal die Fäden in deinem Garten ziehen durfte", in Rangun war das im heutigen Myanmar, dem früheren Burma.
Dieses Prachtstück von dieser Oma geschrieben ist hier mit mir und ich werde es hüten, wie meinen Augapfel.
Dies aber bringt mich just zum zweiten Grund für meine Präsenz. Kein anderer - und Herr Schirmer hat das erwähnt - deutscher Puppenspieler hat sei 1959 auch nur annähernd so viele Reisen im Auftrag des Goethe-Instituts unternommen, wie Gustaf und sein Ensemble. Darf ich dafür Dir, lieber Albrecht und Dir Ingrid, posthum denke ich natürlich auch an die liebe Ina, im Namen des Goethe-Instituts und meiner zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, von denen nicht wenige inzwischen zu Deinen, Euren Freunden zählen, unseren tief empfundenen Dank, unseren Glückwunsch und unsere uneingeschränkte Hochachtung aussprechen.
Es war mir eine persönliche Freude und besondere Genugtuung, daß ich als Programmchef des Goethe-Instituts in den letzten Jahren noch manchen Deiner Reisewünsche unterstützen und ermöglichen durfte. Noch einmal der Worte im Vorspiel zu Faust eingedenk, um nicht immer beim Kleistzitat "Über das Marionettentheater" zu verharren, habt Ihr sozusagen ins volle Menschenleben hineingegriffen und ließet
"Phantasie mit allen ihren Chören,
Vernunft, Empfindung, Leidenschaft,
nicht ohne Narrheit hören."
Immerhin ist Gustaf ein Clown.

Als Wahl-Inder, der an Karma und Reinkarnation glaubt, hätte ich allerdings noch eine Bitte, lieber Albrecht: Nimm bei Deiner nächsten Wiedergeburt, an die ich natürlich glaube, den schwarzen Kontinent in Deine Reisepläne auf, vielleicht auch Australien, das reicht dann für ein weiteres Leben.
Kaum zu glauben, aber wahr, trotz Deiner Goethe-Reisen, wie Sie sagten, praktisch in alle Teile der Erde stand, ausgenommen Afrika jedenfalls und Australien, nie auf dem Programm. (Wir reisten 1975 in Australien, Anmerkg. Roser). Inzwischen kann ja Frank Soehnle bereits beginnen daran zu arbeiten.

Schließlich drittens und letztens teilen wir bei allem gemeinsamen Respekt vor den Leistungen osteuropäischen Puppen- und Figurentheaters, teilen wir die gemeinsame Verehrung für die Kulturen Asiens, vielleicht ein dritter Grund für meine Präsenz heute. Nicht von ungefähr hast Du als Stargast einen Kollegen aus China eingeladen.
Hierauf darf ich in der gebotenen Kürze noch etwas darauf eingehen.
Von Asien, das ich vielleicht außer Europa am wenigsten schlecht kenne, kann man tatsächlich in dieser allgemeinen Form sprechen, denkt und wirkt aus dem Prinzip der Ganzheitlichkeit heraus, das Europa der letzten, vielleicht 4 Jahrhunderte aber aus der Individuation wie Hegel sagte, aus der Rettung der Phänomene heraus. Deshalb ist z.B. in Asien der westliche Antagonismus zwischen Kunst und Kunsthandwerk, der gerade in Deinem Beruf immer wieder irgendwie auftaucht, dort sinnlos.
Handwerk, das der Kunst dient, wie sagte doch wieder Goethe im berühmten Vorspiel zum Theater: "Ein Mann der recht zu wirken denkt, muß auch das beste Werkzeug halten."
Ich wiederhole: Handwerk, das der Kunst dient, ist Kunst und Marionetten, Puppen oder Masken werden z.B. in der Bunraku oder Nô-Tradition Japans oder das kunstvolle Gesichts -ake-up in der chinesischen Oper oder im südindischen Katakali, werden nicht gebastelt, sondern kreiert, geschaffen, erschaffen. Du selbst hast das einmal mit Recht angemerkt. Ähnlich verhält es sich mit dem Bühnenraum, der von Indien bis Japan als heilig gilt. Ich weiß nicht warum, aber in Stuttgart mache ich es, aber sonst betrete ich nie eine Bühne mit Schuhen. Dort in Japan beginnen künftige Interpreten der "Shite" und "Waki" Rollen bereits von Kindesbeinen an ihre Einweisung in die Welt des Nô-Theaters, in den hierfür, seit altershehr zuständigen Familien. Als größte Auszeichnung winkte den Schauspielern in weiter Ferne das Tragen der göttlichen "Okina-Maske". Auf dem Weg dorthin galt jede Abweichung von der Tradition, als verboten und verpönt. In der Tokugawazeit, also im16. Jahrhundert, wurde Nô -Schauspielern, die bei wichtigen Anlässen schwere Fehler beginnen, es sind ja auch nur Menschen, nicht nur der Ausschluß aus der Zunft angedroht und das wurde auch realisiert, sondern zur Abwendung von Schicksalsschlägen, ich sprach eben von der Ganzheitlichkeit asiatischen Denkens, auch der Freitod empfohlen. Das Individuelle hatte im Allgemeinen aufzugehen. Das Aufgehen, etwa in Indien auch das Atman der Seele im Paman im All-Ein, bedeutet in Indien Mokscha - Erlösung. Im Gegensatz zu Europa "wo die" - ich zitiere noch einmal Hegel -"Selbstgestaltung der Substanz zum Subjekt, das Allgemeine zum Konkreten, die Vermittlung des Absoluten ins Konkrete, als Selbstdarstellung des seiner Freiheit bewußten Menschen verstanden wird und der Mensch präsenter Gott wird", so drückt sich Hegel aus. Hier in Europa sind individuelle Schöpfungen und Individuation, wie Gustaf und sein Ensemble oder auch "Ein Mozartdivertimento als Figurenspiel" oder das Fernsehspiel "Der dritte Ton" unendliche individuelle Annäherungen an das verlorengegangene Ganze. Beide Weltbilder, das asiatische und das europäische prägt in ihren größten künstlerischen oder philosophischen Zeugnissen der gleiche Ernst. Ihre Vermittler sind Meister, in Indien Gurus. Diesen Ehrentitel, den höchsten den es gibt, in meiner Sicht der Dinge, möchte ich in der Einschätzung, die ich nun einmal habe, den größten künstlerischen Leistungen seiner Puppenkreation, den Nô-Masken vergleichbar, Albrecht Roser zuerkennen. In Asien werden nicht nur, damit schließe ich, Puppenspieler und Maskenbildner, sondern auch einzelne Masken zu National Art Treasures, zu Kunstschätzen von nationaler Bedeutung erhoben. Masken auch von Fritz Herbert Bross und Albrecht Roser müssen in diesem selben Geist der Hochachtung eines Tages in das Museum kommen, um den phantasievollen unter den Menschen die Erinnerung daran zu ermöglichen, welcher Gliedermann ihnen einst so große, früher sagte man auch mal unsterbliche Seelen eingehaucht hat.

Dankeschön.




Prof. Bart Roccoberton
Direktor des Puppet Arts Program
an der State University of Connecticut


Meine Damen und Herren, liebe Freunde!
Hochverehrte Gäste! Guten Abend!

Mein Name ist Bart Roccoberton. Ich bin Professor und Direktor für die Ausbildung der Puppenspieler an der Universität von Connecticut. Ich bin glücklich hier zu sein, aber mein Deutsch ist nicht so gut.
Können Sie mir verzeihen, I will speak in English.

Ingrid! (übersetzt)

Meine Bekanntschaft mit Roser begann vor 25 Jahren. Ich war Student an der Universität von Connecticut. Es wurde mir die ehrenvolle Aufgabe übertragen, an einer Gastdozentur zu arbeiten, um Albrecht Roser nach Amerika zu holen. Es war das erste Mal, daß Albrecht lehrte und dazu in einer Sprache, die nicht die seine war.
Wir haben schnell begriffen, daß wir hier einen Lehrer hatten, der uns alles geben wollte, was ihm überhaupt nur möglich war. Er wollte uns so schnell es ging, auf seinen Wissensstand bringen, um uns die Möglichkeit zu geben, darüber hinauszuwachsen. Er beschenkte uns und forderte uns gleichzeitig zum selbstständigen Denken heraus.

Meine Bekanntschaft mit Albrecht setzte sich fort, er war mein Führer und Begleiter, er hat mich angeleitet als Spieler und als Puppenspieler. Durch seinen Einsatz wurde ich Lehrer. Er half mir, das Puppenspiel in Amerika zu formen. Aber er hat mich nicht in Amerika gelassen, er sah meine Arbeit im internationalen Rahmen.

Meine erste Reise nach Europa war 1992 fiel in die Zeit, als sich Slowenien gerade von Jugoslawien getrennt hatte. Ich war beauftragt, an einem internationalen Austausch in Lubljana teilzunehmen. Wir sahen schreckliche Dinge im Fernsehen in den USA über Jugoslawien. Ich hatte Angst. Albrecht sagte zu mir: Komm! Aber komm zuerst nach Stuttgart. Und dann wirst Du's verstehen und dich viel besser fühlen. Und er hatte recht. In dieser Zeit dachten viele Amerikaner nicht daran zu reisen. Als ich mir dann vorstellte, daß ich ja nach Stuttgart kam, gab es keine Zögern mehr.

Meine Arbeit hat mich nach Europa gebracht, nach Südamerika und Zentralamerika. Ich habe erfahren, daß ich hier überall augenblicklich Freunde gewinnen kann, indem ich ein Wort sage: Roser. Der Name steht für Qualität, für eine Vision. Ich habe mitbekommen, daß er sehr viele Studenten überall auf der Welt hat und ich habe verstanden, daß das eine Familie ist.

Meine Arbeit hat mich nach Asien gebracht. Und ich hatte die Ehre mit dem Ming-Ri Theater in Hongkong zu arbeiten. Der Direktor dieses Theaters ist Simon Wong und er ist heute Abend hier. Simon und ich sind sehr gute Freunde. Und wir haben gemeinsam den Plan geschmiedet, um den besten Puppenspieler aus dem Westen mit dem besten Puppenspieler aus dem Osten zusammenzubringen.
Zwei Jahre zuvor hatte ich die Freude mit Albrecht und Ingrid in Taiwan, Hongkong und Kanton zu reisen. Und Simon Wong hatte damals das Treffen in Kanton und jetzt hier in Stuttgart zwischen Roser und Mr. Huang zustande gebracht. Simon und ich haben große Freude, diese Begegnung mitzuerleben und zwei Männer zu sehen, die durch Entfernung und durch die Geschichte getrennt waren und Brüder wurden. Es war eine ganz besondere Zeit und Sie werden morgen die Gelegenheit haben, die beiden zusammen zu sehen.


Ich bringe außerdem eine Botschaft von den zwei Puppenspiel-Organisationen in den USA. Ich muß sagen, daß diese beiden Organisationen zum ersten Mal seit 60 Jahren etwas gemeinsam gemacht haben.

Proklamation der PUPPETEERS OF AMERICA und der UNIMA USA:

Weil Albrecht Roser und Gustaf ihr 50 jähriges Bühnenjubiläum feiern
(Wer hätte auch das gedacht!) und

weil Albrecht seit 25 Jahren einen hohen Einfluss auf das Puppenspiel in den USA hat, durch seine erstaunliche beispielhafte künstlerische Leistung und als leidenschaftlicher und inspirierender Lehrer (In "Omas" eigenen Worten: Lernen, lernen, lernen) und

weil er durch seine erstaunliche, fast mystische Kraft der Beobachtung, die Lebensschicksale der Menschen zusammenwebt, die unsere Seele berühren und

weil Albrecht uns freundlich von unserem Schwerpunkt aus bewegt und mit unseren Gefühlen spielt, wie mit einer Symphonie und

weil wir durch Albrecht mit der Freundlichkeit, Güte und dem Humor von Ingrid Höfer beglückt wurden und

weil Albrecht weiterhin mit seinem künstlerischen und technischen Genius an der Zukunft des Puppenspiels arbeitet und dabei die Klarheit der Tradition bewahrt,

deshalb erklären die beiden Organisationen, die Puppeteers of America und UNIMA USA, Albrecht Roser zu ihrem verehrten Professor, hochgeschätzten Künstler und zu ihrem wertvollen Freund.

Danke Albrecht.






Friedrich Schirmer
Intendant des Staatstheaters Stuttgart

Und bevor ich nun die Ehre habe, Prof. Roser und Gustaf sagen zu dürfen, die Bühne ist angerichtet, erlauben Sie mir noch eine persönliche Bitte, Herr Roser, und dafür möchte ich Sie jetzt genau zitieren und dafür greife ich jetzt doch zum Zettel. Sie haben in einem bemerkenswerten Interview folgendes gesagt: Gustaf, das ist eine Figur, die wird viel länger leben, als ich, ob sie auch gespielt wird, weiß ich nicht, das wird man sehen. Und es steht mir ja vielleicht nicht zu, aber ich habe eine ganz große Bitte an sie beide: Sorgt dafür, daß Gustaf in gute, in begnadete Hände kommt, daß er vielleicht in 50 Jahren, in 75 Jahren andern erzählen kann, wie alles anfing 1951 in Stuttgart, wenn wir alle dann nicht mehr dabei sind. Und Gustaf, eins kann ich Dir sagen: Im Museum ist es langweilig.





Prof. Albrecht Roser

Verehrte Damen, meine Herren,
hochgeschätztes Publikum,

ich bin natürlich aufgeregt, denn es ist eine Premiere heute Abend. Wir haben noch nie 50jähriges Jubiläum gefeiert. Ich war auch noch nie im Staatstheater, darstellend wohlverstanden. Und deshalb habe ich mir heute einen Spickzettel genehmigt, den ich sonst, wie Dr. Lechner, eigentlich ablehne. Denn ich liebe eigentlich die direkte Rede, die spontan, mit Risiko verbunden ist, weil man nicht ganz genau weiß, wie man hinkommt. Heute Abend muß ich es wissen und Sie müssen noch eine Rede aushalten. Also:

Gustaf und sein Ensemble im Staatstheater ist ja eine Vorstellung, eine Lebensvorstellung. Das ist allerdings bei uns immer so, es geht immer um Leben und Tod, wenn wir spielen. Denn solange die Puppen hängen, haben sie etwas vom Tod und wenn sie gespielt werden, werden sie zum Leben erweckt. Vielleicht kann man statt tot, leblos sagen, das ist etwas schonender, wenn es auch dasselbe ist.

Heute muß ich und möchte ich etwas tun, was ich sonst noch nie getan habe, ich möchte Dank sagen. Denn dieses Jubiläum wäre natürlich nicht zustande gekommen, wenn nicht ganz viele Leute geholfen hätten.
Ich brauche immer einen Assistenten auf der Bühne und deshalb habe ich mir jetzt das "Kleine Gespenst" mitgebracht, damit Sie auch etwas von mir abgelenkt sind.

Also ich möchte heute Abend danken, obwohl ich als Schwabe der Meinung bin, daß net geschimpft, gnug globt isch.
Aber wie gesagt, Ausnahmen bestätigen die Regel, das Jubiläum kam zustande, weil viele Menschen geholfen haben.
Finanziell: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, das Kulturamt der Stadt Stuttgart, Herr Dr. Ostberg ist wahrscheinlich da? (Ostberg: Ja, ja)
Applaudieren Sie bitte! Es ist natürlich für Dr. Ostberg nicht immer einfach gewesen mit dem Puppenspiel. Frau Magdowski ist wahrscheinlich nicht da. Oder doch? Nein. Sie ist ganz schlimm bestohlen worden in Berlin. Aber es ist jemand von der Firma Trumpf da und von der Sparkassenversicherung. Wie gesagt, "Herzlichen Dank für die Subvention".
Dann möchte ich dem Hausherrn, Herrn Intendant Schirmer für die Einladung ins Staatstheater danken. Und Herrn Schirmer nochmal als Redner und Moderator. Dann lieber Georg, Herr Dr. Lechner, im Namen des Goethe-Instituts gesprochen, möchte ich auch bei dieser Gelegenheit dem Goethe-Institut durch Herrn Dr. Lechner herzlich danken. Ich danke Dir lieber Georg für Deine intensiven Worte, die ich mir hinter den Spiegel, nein in den Spiegel stecken werde. Denn das Goethe-Institut hat uns tatsächlich durch die ganze Welt geführt und die Leiter der Institute haben uns Einblicke in die jeweiligen Länder gegeben, die man als normaler Reisender niemals bekommt, auch dafür ganz besonderen Dank, heute einmal ganz öffentlich.
Prof. Bart Roccoberton, den ich natürlich eigentlich mit Bart anspreche, wie man das in Amerika tut, mit dem Vornamen und den ich wirklich ins Herz geschlossen habe, schon als er studierte, obwohl er für uns mehr an Organisation getan hat, als für sein Studium gut war.
Weiter möchte ich mich bei der Presse bedanken. Frau Schlegel-Holzmann sitzt irgendwo in der ersten Reihe und hat uns einen zauberhaften Artikel geschrieben und nicht nur den ersten.
Dann muß ich mich ganz herzlich bei dem Arachne-Verlag, Frau Asche-Zeit bedanken und bei den beiden Grafikern Eisele, die es möglich gemacht haben, unsere Dokumentation noch rechtzeitig zur Gala herauszubringen. Das war ein wirklich sagenhaftes Werk.
Wer ist sonst noch? Es sind natürlich jetzt unsere Gäste aus China, Ning-hau! Das ist das einzige was ich chinesisch gelernt habe und wirklich hingebracht habe und das wenigstens ein paar Chinesen verstanden haben. Herzlich willkommen! Und dann mein Bruder in China, mein antipodischer Bruder, den Sie morgen in der Matinee mit mir zusammen erleben können. Herzlich willkommen auch die Delegation, die ihn begleitet und herzlich willkommen Simon von Hongkong.
Dann möchte ich dem Lindenmuseum danken, daß sie bereit waren, unsere Diskussion dort stattfinden zu lassen.
Und natürlich möchte ich, obwohl sie nicht da sind, außer dem lieben Mr. Huang, nämlich Ilka Schönbein begrüßen und bedanken, daß sie sich bereit erklärt hat zu spielen und Frank Soehnle, der mit der Flamingo Bar vielleicht einigen schon bekannt ist. Die Aufführung möchte ich Ihnen ans Herz legen, ich weiß nicht, ob es noch Karten gibt.
So weiterhin gilt, ein bißchen summarisch, aber ich kann nicht alle aufzählen, leider, den vielen Helfern, den Mitstreitern und Mitarbeitern und einmal öffentlich möchte ich mich auch ganz persönlich bedanken bei meiner Assistentin Ingrid Höfer. Sie hat wirklich zuviel gearbeitet.

Und jetzt kommt etwas ganz wichtiges. Ich hab noch einen ganz großen Dank an das Publikum, das uns 50 Jahre lang getragen hat.

Sie dürfen sich selbst wirklich herzlicher applaudieren!

Und jetzt folgt die Vorstellung, wie viele von Ihnen sie schon kennen, es kommt nach der Pause etwas ganz neues, mit großem Risiko verbunden, aber das ist bei uns immer so.
Und jetzt wollen wir sehen, ob ich alle die Erwartungen, die die drei Redner erweckt haben, auch für die erfüllen kann, die zum ersten Mal da sind.







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